Studieren auch in Zeiten der Pandemie praxisnah gestalten?! Dass dies nicht unmöglich ist, zeigten in den letzten vier Semestern die Lehrenden an der Hochschule Bremen, so auch Prof. Dr. Brita Schemmann und Diplom-Pädagogin Andrea Schroeter in einer zweisemestrigen Projektmanagement-Lerneinheit im Europäischen Studiengang Wirtschaft und Verwaltung (B. A.) der Fakultät Wirtschaftswissenschaften. Die Studierenden entwickelten in ihrem zweiten Fachsemester die Grundlagen für die Praxisprojekte, die sie im anschließenden dritten Semester durchführten. Die Projektauftraggeber waren dabei unterschiedliche gemeinnützige Organisationen aus Bremen und der Region sowie aus Berlin, die in diesen Tagen die Arbeitsergebnisse von den Studierendenteams erhalten.
Studierende an das Thema Projektmanagement heranführen und dabei wichtige Kompetenzen vermitteln – soweit so gut. Dies erfordert jedoch mehr als nur die Vermittlung von Theorie und Projektmanagementwissen. Von zentraler Bedeutung ist auch die praktische Anwendung dessen. „Ein Projekt zu planen erscheint vielen Studierenden zunächst recht einfach. Die wirklichen Herausforderungen und der damit verbundene Nutzen der Projektmanagement-Werkzeuge zeigen sich meist erst, wenn es an die Umsetzung der Planung geht“, so Brita Schemmann. Aus diesem Grund konzipierte die Professorin für den Europäischen Studiengang Wirtschaft und Verwaltung (ESWV) eine aus zwei Modulen bestehende Projektmanagement-Lerneinheit mit einem besonderen Ziel: Im Sommersemester werden die theoretischen Grundbegriffe des Projektmanagements vermittelt und dabei die Projekte für verschiedene Auftraggeber geplant; im Wintersemester geht es dann im Modul „Praxisprojekt: Community and Outreach“ um die Durchführung dieser Projekte.
In der ersten Lerneinheit wurden von den beiden Dozentinnen die Phasen eines Projektes und die zugehörigen Methoden und Werkzeuge vorgestellt und durch die Studierenden ausprobiert. Auch agile Herangehensweisen wurden dabei besprochen. Hauptaugenmerk lag dabei zunächst auf der Projektdefinition und -planung, die die Studierenden in Teams für das von ihnen gewählte Projekt erarbeiteten. Die entsprechenden Projekte hatten Andrea Schroeter und Brita Schemmann zuvor über ihre Netzwerke bei gemeinnützigen Organisationen eingeworben. „Gleich zu Beginn lernten die Studierenden so, sich nicht nur in ein für sie neues Thema einzuarbeiten, sondern auch sich mit den Auftraggebern und anderen Stakeholdern abzustimmen und herauszufinden, was diese mit dem Projekt eigentlich erreichen wollen. Dabei zeigte sich dann meist ganz real, wie kompliziert eine fundierte Projektdefinition sein kann“, erklärt Andrea Schroeter. Pandemiebedingt fanden diese Abstimmungsprozesse und Treffen im Sommersemester 2021 alle online statt.
Wie hilfreich die Vorarbeit durch die Projektdefinitionen, -planungen und -abstimmungen tatsächlich war, konnten die Studierenden im Wintersemester erfahren: Da ging es um die Umsetzung und Durchführung der Projekte. In dieser Phase haben die Studierenden stets neue Herausforderungen gelöst und auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagiert. Die Komplexität von Projekten und deren Management wurde so erlebbar. Das Semester neigt sich nun dem Ende zu und der Abschluss der Projekte und die Übergabe an die Auftraggeber stehen an.
Die Ergebnisse der Lerneinheit können sich sehen lassen. Insgesamt konnten Projekte für die folgenden fünf Projektauftraggeber realisiert werden: die Hilfswerft in Bremen, das Social Impact Lab Bremen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Lebensmittelkooperativen, den Verein Besser Essen! und die Bremer UNICEF Hochschulgruppe. Trotz der nicht immer einfachen Projektverläufe, die nicht nur die Studierenden wiederholt vor Herausforderungen stellten, sondern auch viel Betreuungsleistung durch die Dozentinnen erforderten, sind letztendlich einige spannende und auch innovative Ergebnisse entstanden. Exemplarisch seien hier kurz die Projekte für das Social Impact Lab Bremen und die Hilfswerft in Bremen erwähnt.
Menschen mit Einwanderungsgeschichte sind eine treibende Kraft der deutschen Gründungs-Szene. Dabei stehen sie häufig vor wesentlichen Herausforderungen, bei deren Lösung das Social Impact Lab Bremen zukünftig unterstützen will. Im Projekt standen die Studierenden Magdalena Frey, Selin Gümüs, Abishan Mahendrarajah und Laurine Spiekermann dementsprechend vor der Aufgabe, die Ziele, Bedürfnisse und Probleme von Gründer:innen und Gründungsinteressierten mit einem Migrationshintergrund aufzudecken, um so eine Handreichung für den Auftraggeber zu erarbeiten. Wichtiger Bestandteil in der Projektarbeit waren deshalb neben Gesprächen mit Expert:innen die Erarbeitung und Durchführung von leitfadengestützten Interviews mit zahlreichen Gründer:innen und Gründungsinteressierten aus verschiedenen Branchen und mit unterschiedlichen Einwanderungsgeschichten.
Prof. Dr. Brita Schemmann
Professur für BWL, insb. Innovationsmanagement | Studiengangsleitung Sustainable Business & Entrepreneurship M.A.
+49 421 5905 4128
E-Mail
Die ESWV-Studierenden Tarik Berjaoui, Gabriela Daletzi, Sedef Erdogdu und Tansu Güler widmeten sich der Herausforderung für die Hilfswerft ein innovatives Angebot zu entwickeln. Dieses soll einen konkreten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Um das Problem zu verstehen und mögliche Stellschrauben sowie Zielgruppen für ein solches Angebot zu definieren, führte das Team zunächst viele Gespräche beispielsweise mit Energieberatungseinrichtungen, Vertreter:innen von Umwelt- und Interessenverbänden aber auch zahlreichen Vertreter:innen von kleinen Unternehmen mit hohem Energieverbrauch. Schritt für Schritt entwickelte sich so ein Bild der vorhandenen Bedürfnisse und bisher ungelösten Herausforderungen und daraus schließlich konkrete Ansätze, wie man im Rahmen einer „Green Community“ mit einem entsprechenden Angebot für kleine Betriebe gerade Unternehmer:innen mit Migrationshintergrund beim Energieeinsparen unterstützen und somit einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.
Beide Auftraggeber sind zufrieden mit den Ergebnissen ihrer Projekte, die sie für ihre weitere Angebotsentwicklung gut nutzen können. Fabian Oestreicher, Gesellschafter der Hilfswerft gGmbH, erläutert: „In unserem sozialunternehmerischen Alltag haben wir selten Zeit, komplett neue Themenfelder und Zielgruppen für uns zu erschließen. Daher haben wir gerne mit den Studierenden zusammengearbeitet. So konnten aus meiner Sicht schneller bessere Erkenntnisse zur Zielgruppe herausgefunden werden, als wenn wir den Zugang gesucht hätten. Es wurde eine gute Grundlage gelegt, um weitere Überlegungen bei uns anzustoßen.“