Die digitale Transformation macht auch vor der Sozialen Arbeit nicht halt. Beim Fachtag im Weser-Salon „Soziale Arbeit in der digitalen Transformation“ an der Hochschule Bremen (HSB) diskutierten Ende Januar 2025 Expert:innen aus Wissenschaft und Praxis darüber, wie sich die Profession in den letzten 25 Jahren verändert hat und welche Herausforderungen die Zukunft bereithält. Themen wie Medienkompetenz, Künstliche Intelligenz und der Umgang mit digitalen Risiken standen dabei im Mittelpunkt. Nächster Termin am 18. März 2025.
Wie geht die Soziale Arbeit mit digitalen Entwicklungen und ihren vielfältigen Folgen um? Dieser Frage ging die Runde der Teilnehmenden des Weser-Salon Soziale Arbeit bei ihrer Fachtagung an der HSB nach. Das Fazit lautet: Digitalisierung braucht Reflexion und Beteiligung. Reflexionsräume und Medienkompetenz müssen gestärkt werden – beginnend bei der Ausbildung bis hin zu den Adressat:innen. Gleichzeitig gilt es, die Adressat:innen aktiv in den digitalen Wandel einzubeziehen, um eine echte Teilhabe zu ermöglichen.
Der Fachtag zeigte deutlich: Die Digitalisierung ist kein Trend, sondern eine Realität, mit deren Komplexität sich die Soziale Arbeit kritisch auseinandersetzen muss. Eine kritisch reflektierte, klientenzentrierte Soziale Arbeit kann sich digitalen Herausforderungen stellen, wo sie die Bereitschaft mitbringt, sich digitalen Entwicklungen zu stellen und aktiv mitzugestalten.
Folgende Fachexpert:innen gestalteten den Weser-Salon „Soziale Arbeit in der digitalen Transformation“ an der HSB:
Von Datenbanken bis Deepfakes – ein Blick zurück und nach vorn
Markus Gerstmann, Medienpädagoge im ServiceBureau Jugendinformation und seit 25 Jahren Lehrbeauftragter an der HSB, nahm die Teilnehmenden mit auf eine Zeitreise durch die digitale Entwicklung in der Sozialen Arbeit. In den 2000ern ging es noch um EDV und Datenbanken, heute beschäftigen Fachkräfte Themen wie Cybermobbing, Sexting und Hass im Netz. Und die Zukunft? Vermutlich noch größere Herausforderungen mit KI, Social-Media-Verboten und Deepfakes.
Medienkompetenz als Kernaufgabe der Sozialen Arbeit
Prof. Dr. Eik Hennig Tappe, Professor für Digitalisierung und Medienpädagogik an der FH Münster, betonte, dass Medienkompetenz keine Zusatzaufgabe ist, sondern eine professionelle Kernaufgabe der Sozialen Arbeit. Fachkräfte benötigen Offenheit, Reflexion und die Bereitschaft, sich in unbekannte Räume zu begeben, um Klient:innen professionell begleiten und unterstützen zu können.
Digitalisierung als weitere Theorie der Sozialen Arbeit?
Anhand der drei Theorieansätze Lebensweltorientierung, Menschenrechtsprofession und Lebensbewältigung zeigte Prof. Dr. Angelika Beranek, dass bewährte Theorien der Sozialen Arbeit um Aspekte der Digitalisierung erweitert werden müssen. Um den komplexen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es auch der Entwicklung neuer Ansätze, sowie einer kritischen Haltung der Profession, um digitale Technologien verantwortungsvoll zu nutzen und die Rechte und Bedürfnisse ihrer Adressat:innen zu schützen.
Digitale Ethik: Verantwortung und Haltung gefragt
Prof. Andreas Büsch , Medienpädagoge und Kommunikationswissenschaftler an der Katholischen Hochschule (KH) Mainz, stellte die Frage, warum die Digitalisierung die professionelle Haltung in der Sozialen Arbeit so herausfordert. Datenschutz, ethische Fragen und strukturelle Grenzen erfordern eine kritische, aber kompetente Auseinandersetzung. Fachkräfte müssen sich nicht nur mit digitalen Tools auskennen, sondern auch deren gesellschaftlichen Auswirkungen reflektieren.
Künstliche Intelligenz: Werkzeug statt Wundermittel
KI ist ein von Menschen entwickeltes Werkzeug, dessen Qualität abhängig ist von den zugrunde liegenden Daten und Zielen - so entmystifiziert Jule Kehr-Ritz, ServiceBureau Jugendinformation, Künstliche Intelligenz (KI) in ihrem Vortrag. Neben dem Aufzeigen der Potentiale und Risiken von KI plädiert sie für eine kritische Auseinandersetzung und aktive Mitgestaltung, um diese Technologie inklusiver und gerechter zu gestalten.
Wenn Algorithmen mitentscheiden
Daniel Telkmann, HSB-Lehrbeauftragter und Sozialarbeiter bei Amt für Soziale Dienste Bremen, diskutierte die Rolle von KI-gestützten Vorhersagetools in der Sozialen Arbeit, die effiziente Lösungen durch Big Data -Analysen bei knappen Ressourcen zu bieten scheinen. Die übermäßige Fokussierung auf rein datenbasierte Vorhersagen befördere einen Trend zu technologischem Solutionismus und schwäche die professionellen Ziele und Funktionen Sozialer Arbeit.
Die Studienrichtung Soziale Arbeit in der Fakultät Gesellschaftswissenschaften der Hochschule Bremen hat mit dem Weser-Salon Soziale Arbeit ein erfolgreiches Austauschformat zu aktuellen Fachthemen des Bereichs etabliert. Regelmäßig finden öffentliche Termine zum Austausch zwischen Theorie und Praxis statt. Der Weser-Salon Soziale Arbeit versteht sich als Ort zum Denken, Diskutieren und Netzwerken.