Klimaschutz gegen Umweltschutz: Am 05.07.2023 diskutierten Studierende des Internationalen Studiengangs Politikmanagement B. A. (ISPM) der Hochschule Bremen (HSB) im Haus der Wissenschaft mit Gästen über die Chancen und Risiken von unterirdischen CO2-Speichern in der Nordsee.
Das Publikum wurde mit einem Impulsvortrag von Alexander Beth, Student im sechsten Semester des ISPM, in das Thema CO2-Speicherung im Meeresboden eingeführt.
Die anschließende Diskussion wurde geführt und moderiert von den Studenten Yannik Dzelzkalns und Tobias Eichner. Eröffnet wurde die Diskussion mit einem Statement von Klaus Söntgerath vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie für Niedersachsen zur unklaren Gesetzeslage in der Nutzung der Carbon Capture Storage-Technologie (CSS). Mirko Kruse von der Handelskammer Bremen betonte in seinem Eingangsstatement, dass CCS nicht die Lösung für alles sei und dass CO2 vermeiden wohl die billigste Variante für Unternehmen sei. Christian Deusner vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel hingegen sieht CCS als notwendig an, um CO2-Emissionen kurzfristig zu senken. Reinhard Knof von der "Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager e.V." sprach sich vehement gegen CCS aus.
Mirko Kruse stellte weiter fest, dass CO2 im Kampf gegen den Klimawandel weiter bepreist wird und werden müsse, damit Unternehmen dieses nicht weiter emittieren. Klaus Söntgerath verwies auf die gerade aufkommende politische Diskussion zur Absicht für oder gegen CCS und den Einsatz dieses Verfahrens on- oder offshore. Reinhard Knof forderte dazu auf, Stimmung gegen die CO2-Speicherung zu erzeugen, um die Politik zum Umdenken zu bewegen und die "weiter so"-Politik zu beenden. Christian Deusner erklärte, dass Carbon-Management Strategien für die nächsten 40 Jahre in der Wissenschaft erforschen würden. Knof warnte vor der Gefahr von Leckagen und sah die Nordsee bereits als "Schweizer Käse" aufgrund der Erdöl- und Erdgasbohrungen.
Nicht alles, was technisch möglich sei, ist auch sinnvoll, bemerkte Mirko Kruse. Söntgerath erläuterte, dass alte Bohrlöcher bewertet werden müssen und dass das größte Ölfeld in der Nordsee Mittelplate eine mögliche Lagerstätte sei. Die aktuelle Gesetzeslage gäbe aber noch nicht genug Regeln für Unternehmen her, weshalb der Einsatz von CCS in Deutschland und in der deutschen Nordsee noch nicht angelaufen ist. Risiken wurden in Leckagen gesehen, wobei Deusner erwiderte, dass dies nicht das größte Problem sei und dass es in den letzten 15 Jahren intensive GEOMAR-Forschung dazu gab, welche zu der Bewertung kommt, dass das Risiko, welches von Leckagen ausgehe relativ gering ist.
Es wurde erläutert, dass CO2 nicht giftig sei und dass Probleme in der deutschen Nordsee beherrschbar seien. Dabei würden physikalische Barrieren und die Fähigkeit des Wassers, CO2 aufzunehmen, helfen. Die Umweltherausforderungen wurden als überwindbar bezeichnet, mit dem Hinweis, dass nur kleine Flächen von 10-15 Quadratmetern bei einer Leckage betroffen seien. Eine solche Leckage stoße im Schnitt bis zu 8 Tonnen CO2 aus, etwa so viel, wie eine Person in Deutschland pro Jahr verbrauche.
Unzuverlässige Firmen in Deutschland und deren Eingriffe in die Natur ohne Konsequenzen wurden von Reinhard Knof kritisiert. Klaus Söntgerath erwiderte, dass die Haftungen nach den Gesetzgebern begrenzt seien. Unternehmen haften für Unternehmen und der Gesetzgeber habe dies verschärft. Knof kritisierte weiter, dass Umweltverbände nicht mehr angehört würden. CCS wurde von ihm als sehr teuer bezeichnet und es wurde gefragt, was seine und andere Bürgerinitiativen angesichts dessen tun können. Er meinte, dass die Bürgerinitiative, die er vertritt, versuche, Einfluss auf die Politik, Unternehmen und die Öffentlichkeit zu nehmen.
Es wurde klar, dass die Zeit drängt und dass wir nicht alles auf eine Karte setzen dürfen. Alles, was wir jetzt machen, habe Nachteile. Geldvernichtung dürfe kein Argument sein. Wasserstoff sei ebenfalls nicht wirtschaftlich, wir nutzen ihn dennoch. Auch mittelfristige Lösungen helfen auf dem Weg in die Klimaneutralität. Hier wurde die Frage aufgeworfen, ob die Bevölkerung schon genug über CCS wisse, und ob das Verstehen von CCS eher für Zustimmung oder Ablehnung sorge. Christian Deusner erklärte, dass sich seit einer Studie im Jahr 2009 mehr Menschen mit dem Thema auseinandersetzen und der Technologie weniger skeptisch gegenüberstehen würden.Knof erwiderte, dass Menschen, je mehr sie über CCS wissen, diese Technologie immer weniger unterstützten.
Um sich mehr Wissen über Carbon Capture Storage zu verschaffen, wurde von Reinhard Knof empfohlen, sich auf der Website seiner Bürgerinitiative zu informieren. Als weitere gute Informationsquellen wurden das Umweltbundesamt, das BMWK und weiterführende wissenschaftliche Literatur bezeichnet.
Fragen aus dem Publikum, beispielsweise ob Leckagen versiegelt oder repariert werden können, wurden beantwortet: Es wurde betont, dass dies von der Leckage abhänge und dass die Reparatur ein technisch anspruchsvoller Prozess sei. Daher müssten vor der Bohrung die geologischen Gegebenheiten geprüft werden, um solche Leckagen zu vermeiden.
Es wurde ebenfalls diskutiert, ob CCS eine Bremse im Klimaschutz sei. Mirko Kruse betonte, dass Unternehmen heute darauf schauen, wie sie Emissionen senken können. Wenn sich das für sie nicht lohne, würde der Gesetzgeber den Entwurf von Gesetzen nicht weiter verfolgen, ergänzte Söntgerath.
Zum Abschluss sollten die Panelisten dem Publikum einen Gedanken mit auf den Weg geben.
Klaus Söntgerath empfahl, sich zu informieren und politisch einzubringen. Mirko Kruse sprach sich dafür aus, etwas zu tun, da das Haus brenne und es viele Möglichkeiten im Klimaschutz gebe. Christian Deusner befürwortet, sich zu informieren und Diskussionen zu führen. Reinhard Knof regt an, ein funktionierendes CCS-Projekt zu finden und sich auf kommunaler Ebene einzubringen.