Autonomie und Selbstbestimmung
Principal investigator | Bothfeld, Silke, Prof. Dr. |
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Responsible organisation | Hochschule Bremen, Fakultät 3 |
Project type | Third-party funded project (grant) |
Funding organisation | Sonstige Drittmittelgeber, Hans-Böckler-Stiftung |
Funding amount | 35.804,00 € |
Project duration | 10/2018 - 12/2024 |
Zeitdiagnostische sozialwissenschaftliche Studien bezeugen eine Zunahme der objektiven und der wahrgenommenen sozialen Unsicherheit in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren. Die wachsende Verunsicherung der Menschen resultiert aus den Folgen der jüngeren sozial- und arbeitsmarktpolitischen Entwicklungen, dem Zuwachs von prekärer Beschäftigung und Niedriglöhnen, der Verfestigung von Arbeitslosigkeit und Armutslagen und der Schwächung der Statussicherung in den Sozialversicherungen. Sie findet ihren Ausdruck in einer diffusen ‚Politikverdrossenheit‘, sinkender Wahlbeteiligung und in dem Mehrheitsverlust der zwei großen Volksparteien. Diese sinkende Solidaritätsbereitschaft geht einher mit einem wachsenden Bedürfnis nach Selbstbestimmung, wobei die Zustimmung zu den Grundprinzipien des deutschen Sozialstaats jedoch ungebrochen ist. Diese Erfahrungen führen im gesellschaftlichen Diskurs zu einem Streit über die sozialstaatliche Leitidee: Welche Art von Sicherheitsversprechen trägt zu sozialer und politische Akzeptanz und damit zur Stabilität eines politischen Systems bei? Wie lässt sich das Spannungsverhältnis zwischen gesellschaftlich notwendiger Solidarität und den Folgen sozialer Individualisierung auflösen? Die geplante Studie untersucht den sozialpolitischen Wandel aus der normativen Perspektive und zeigt, wie die Veränderungen der Regulierung von Arbeit und Erwerbstätigkeit der vergangenen drei Jahrzehnte gerechtigkeitspolitisch zu deuten sind. Ziel ist es, einen normativen Rahmen für die Weiterentwicklung sozialpolitischer Programme auszuloten, die den gewandelten Bedürfnissen und Erwartungen der BürgerInnen entsprechen. Als Maßstab hierfür dient die Norm der individuellen Autonomie, die die Möglichkeit der Menschen, eigensinnige Lebenspläne zu entwickeln und gesellschaftliche und politische Teilhabe zu realisieren, bezeichnet. Ihre Förderung ist Ausdruck einer demokratischen Gerechtigkeitsauffassung und setzt ein hohes Maß an gesellschaftlicher Solidarität voraus. In einem liberalen und demokratischen Leistungsstaat bildet Autonomie das Kernziel sozialpolitischer Intervention. Anhand dreier Politikfelder – Weiterbildung, berufliche Gleichstellung und betriebliche Mitbestimmung - werden faktische und mögliche Autonomiegewinne der BürgerInnen untersucht, um daraus Kriterien für eine ‚autonomieschonende‘ Sozialpolitikstrategie abzuleiten.