Die moderne Gesellschaft wird mehr und mehr von den Entwicklungen der Biotechnologie geprägt. So ist die Genomforschung heute nicht mehr allein ein Gebiet der Grundlagenforschung. Die Resultate von Gen- und Genom-Analysen beeinflussen zunehmend unser tägliches Leben zum Beispiel in der medizinischen Diagnostik, aber auch in der Entwicklung neuer Produkte und entsprechender industrieller Prozesse.
Die Entwicklung von entsprechenden Prozessen und Produkten verlangen zum einen natürlich fundierte Kenntnisse in den Grundlagen moderner Lebenswissenschaften (life sciences). Hinzu kommen muss andererseits ein Verständnis für die Arbeitswelt der pharmazeutischen und der Lebensmittelindustrie und der chemischen Industrie (oftmals als „rote“, „grüne“ und „weiße“ Biotechnologie bezeichnet). Obwohl Grundlagen- und angewandte Forschung sich in ihrer Philosophie und Logik nicht unterscheiden, haben doch die außerordentlich hohen Qualitätsanforderungen der Industrie, die aus den Regeln der „Guten Laborpraxis GMP/GLP“ erwachsen, in diesen Bereichen eine nachhaltigere Wirkung auf Arbeitsbedingungen und Organisation. Bioprozesse, Bioprodukte und Biotests ersetzen oder erweitern fortschreitend Technologien in der industriellen Welt. Sie erfordern hochqualifiziertes Personal, das eine Ausbildung in den Life Sciences erfahren hat.
Handhabung und Nutzbarmachung von Organismen, Zellen und Biopolymeren bilden das Fundament der Biotechnologie. Die Biotechnologie verlangt auch Fähigkeiten in den Bereichen Normen, gesetzliche Bestimmungen und Vorschriften, Grundkenntnisse in Bereich von Patenten und Lizenzen, und betriebswirtschaftliche Kenntnisse, um nur die wichtigsten aufzulisten. Die meisten biologisch orientierten Studienprogramme befassen sich mit diesen Themen höchstens am Rande, ihre Absolventen erweisen sich als weitgehend orientierungslos, soweit es die tatsächlichen Bedürfnisse der freien Wirtschaft angeht. Eine bessere Kenntnis der Arbeitswelt würde die Chancen derartiger Absolvent:innen wesentlich verbessern, ihren Berufseinstieg in der Wirtschaft zu finden.
Der Bachelor als erster berufsqualifizierender akademischer Abschluss verlangt darüber hinaus nach der Definition von entsprechenden Berufsprofilen. Diese offensichtliche Diskrepanz zwischen akademisch orientierter und berufsqualifizierender Ausbildung sollte im Interesse der Absolvent:innen schnellstmöglich geschlossen werden.